Zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Beschlussanfechtung (AktG)

Der OGH stellte in einer kürzlich ergangenen Entscheidung fest (OGH 19.12.2019, 6 Ob 113/19i), dass im Falle des Erlöschens einer Gesellschaft während eines Beschlussanfechtungsverfahrens, das Rechtsschutzinteresse des anfechtenden Aktionärs – welches normalerweise ohne Nachweis angenommen wird - von diesem in derartigen Konstellationen darzulegen ist. Im vorliegenden Fall wurde die Anfechtungsklage mangels Rechtsschutzinteresse abgewiesen.

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Oberhammer Rechtsanwälte, DELSOL Avocats (Belgium and France) and Dirkzwager (The Netherlands) assist PBS Holding AG in the acquisition of ADVEO Benelux

Oberhammer Rechtsanwälte together with its co-members of TELFA - Trans European Law Firms Alliance, Delsol Avocats and Dirkzwager have assisted PBS Holding AG in the cross-border m&a transaction pursuant to which PBS Holding AG acquired 100% of the share capital of Adveo Belgium including its subsidiary Adveo Netherlands (together Adveo Benelux) from the seller Adveo France.

PBS Holding AG and Adveo Benelux operate in the trade and distribution of stationery materials. PBS Holding AG is the Austrian parent company of an international group of companies (together PBS). PBS is one of the leading office supplies distributors and resellers in Central and Eastern Europe. Local sales and logistics teams in 10 countries serve more than 200,000 customers. More than 1,400 employees generated an annual turnover of more than EUR 430 million in 2023. PBS is multi-channel, which means taking a leading role in wholesale and direct sales in the respective countries.

The buyer, PBS Holding AG, was assisted by (lead): Oberhammer Rechtsanwälte with Christian Pindeus (Partner) and Moritz Pöttinger (Associate); Delsol Avocats with Sébastien Popijn and David Lohisse; Dirkzwager with Claudia van der Most and Mike van de Graaf, as well as further team members.

 

Der OGH stellte in einer kürzlich ergangenen Entscheidung fest (OGH 19.12.2019, 6 Ob 113/19i), dass im Falle des Erlöschens einer Gesellschaft während eines Beschlussanfechtungsverfahrens, das Rechtsschutzinteresse des anfechtenden Aktionärs – welches normalerweise ohne Nachweis angenommen wird - von diesem in derartigen Konstellationen darzulegen ist. Im vorliegenden Fall wurde die Anfechtungsklage mangels Rechtsschutzinteresse abgewiesen.

Im vorliegenden Fall focht die Klägerin als Aktionärin der Gesellschaft die gefassten Beschlüsse, mit denen vier Aufsichtsratsmitglieder gewählt wurden, mit dem Argument an, dass durch die (erneute) Wahl von vier Männern in den Aufsichtsrat die Bestimmung des § 87 Abs. 2a AktG verletzt worden sei, da bei der Wahl des Aufsichtsrates Aspekte der Diversität im Hinblick auf die Vertretung beider Geschlechter angemessen zu berücksichtigen seien. Kurz nach Erhebung der Anfechtungsklage wurde die betreffende Gesellschaft mit einer im niederländischen Handelsregister eingetragenen Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft gem. EU-VerschG verschmolzen.

In der o.a. Entscheidung führte der OGH aus, dass zur Erhebung der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage grundsätzlich kein individuelles Rechtsschutzbedürfnis erforderlich ist. Am Anfechtungsinteresse fehlt es jedoch ausnahmsweise dann, wenn die Nachprüfung des Hauptversammlungsbeschlusses für niemanden mehr rechtlich bedeutsam sein kann. Erlischt während eines Beschlussanfechtungsprozesses die betroffene AG, so versteht sich das Rechtsschutzinteresse des Anfechtungsklägers nicht mehr von selbst, denn die gerügte Gesetz- oder Satzungswidrigkeit bezieht sich auf die Verhältnisse einer AG, die es nicht mehr oder zumindest nicht mehr in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorhandenen Gestalt gibt. Das Rechtsschutzinteresse entfällt, sofern der angefochtene Beschluss nicht in der übernehmenden Gesellschaft fortwirkt, was im Einzelfall zu prüfen ist. Das gelte im Kern auch für die Nichtigkeitsklage.
Im vorliegenden Fall fehlte nach Ansicht des OGH ein konkretes Vorbringen, inwiefern der angefochtene Beschluss fortwirke; die bloße Möglichkeit, dass dies der Fall sein könnte, reiche zur Darlegung eines konkreten Rechtsschutzbedürfnisses nicht aus. Der OGH entschied daher, dass aufgrund des Erlöschens der Gesellschaft infolge der Verschmelzung das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Aktionärin nicht mehr vorhanden war und wies die Anfechtungsklage ab.

Praxistipp

Bei – auch bereits anhängigen - Anfechtungsprozessen ist darauf zu achten, dass im Falle des Erlöschens der betreffenden Gesellschaft das Rechtschutzinteresse des anfechtenden Aktionärs ausnahmsweise darzulegen ist. Dafür ist insbesondere darzulegen, inwiefern der angefochtene Beschluss der nicht mehr existenten Gesellschaft auch weiterhin von rechtlicher Bedeutung ist. Allenfalls ist auch die Parteienbezeichnung zu berichtigen (etwa im vorliegenden Fall der Gesamtrechtsnachfolge) bzw. das Begehren auf Kosten einzuschränken, um die Klageabweisung zu vermeiden.

 

 

 

Christian Pindeus

Christian Pindeus

Rechtsanwalt, Partner
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Sarah Malkić

Sarah Malkić

Rechtsanwältin
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