Erste OGH-Rechtsprechung zu bisher ungeklärten Fragen des Überprüfungsverfahrens nach §§ 225c ff AktG infolge eines Gesellschafterausschlusses

In der Entscheidung des OGH vom 12. Mai 2021 zu 6 Ob 246/20z stellt der OGH klar, dass im außerstreitigen Verfahren zur Überprüfung der Barabfindung nach § 6 Abs 2 GesAusG iVm §§ 225c ff AktG kein Exekutionstitel geschaffen, sondern lediglich festgesetzt wird, wie hoch die allenfalls zu leistende Nachzahlung ist. Die Nachzahlung ist zunächst mit 2% über dem Basiszinssatz und sodann einheitlich mit 4% zu verzinsen.

Nach § 6 GesAusG kann die Anfechtung des Beschlusses über den Gesellschafterausschluss nicht darauf gestützt werden, dass die Barabfindung nicht angemessen festgelegt ist. Die Überprüfung der Barabfindung auf ihre Angemessenheit erfolgt vielmehr im außerstreitigen Verfahren nach den §§ 225c ff AktG. 

Der OGH hat nunmehr ausgesprochen, dass nur die Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung, nicht aber die Beurteilung individueller Ansprüche, im Rahmen des außerstreitigen Überprüfungsverfahrens nach § 225c ff AktG erfolgt. Der Gerichtsbeschluss, mit dem die Höhe der angemessenen Barabfindung mit erga omnes Wirkung festgesetzt wird, stellt somit keinen Exekutionstitel für die ausgeschlossenen Gesellschafter dar. Das Gericht stellt im Überprüfungsverfahren lediglich fest, welche bare Zuzahlung angemessen ist. Um die jeweils zustehende bare Zuzahlung durchzusetzen, werden die ausgeschlossenen Gesellschafter auf das streitige Verfahren verwiesen.

Aufgrund dieser Gesetzesauslegung ist es auch nicht erforderlich, dass im Überprüfungsverfahren über die Zinsen abgesprochen wird, zumal sich die Verzinsung der im Überprüfungsverfahren festgelegten baren Zuzahlung bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (§§ 2 und 6 GesAusG). Der OGH hat hinsichtlich der Zinsen klargestellt, dass die ausgeschlossenen Gesellschafter auch hinsichtlich der Verzinsung so zu stellen sind, als wäre ihnen von Anfang an eine Barabfindung in angemessener Höhe gewährt worden. Daher haben sie auch für den Zuzahlungsbetrag Anspruch auf Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung folgenden Tag bis zwei Monate nach dem Tag der Veröffentlichung des Beschlusses in der Ediktsdatei. Für den darauffolgenden Zeitraum sind Zinsen in Höhe des gesetzlichen Verzugszinssatzes geschuldet, wobei einheitlich der Verzugszinssatz iHv 4% (§ 1000 Abs 1 ABGB) zur Anwendung kommt und kein Raum für den höheren Zinssatz nach § 456 UGB verbleibt (da es sich beim Gesellschafterausschluss nicht um ein beiderseitig unternehmensbezogenes Geschäft handelt).

Der Lauf der Verjährungsfrist für die aus der baren Zuzahlung geschuldeten Zinsen sowie allfälliger Verzugszinsen beginnt erst mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Überprüfungsverfahren, sodass auch bei in der Praxis langen Verfahrensdauern keine Verjährung der Zinsen zu befürchten ist.

Petra Pardatscher

Petra Pardatscher

Rechtsanwältin, Partnerin
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