Zur Haftung des De-facto-Geschäftsführers einer GmbH für Insolvenzverschleppung

In der Entscheidung des OGH zu 17 Ob 5/21s nimmt dieser zur Frage der Haftung des De-facto-Geschäftsführers einer GmbH für Insolvenzverschleppung Stellung – und verneint diese im vorliegenden Fall, insbesondere weil die für die Insolvenzantragsstellungspflicht wesentlichen Finanzangelegenheiten beim formellen Geschäftsführer verblieben.

Unter einem „faktischen Geschäftsführer“ („De-facto-Geschäftsführer“) wird zumeist eine Person verstanden, die - ohne wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein - das Unternehmen leitet oder (zumindest) maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob es sich um einen Angestellten, Gesellschafter, Angehörigen oder Außenstehenden handelt. Regelmäßig wird „faktische Geschäftsführung“ dann bejaht, wenn die eigentlich bestellten Geschäftsführer als Strohmänner ihre Organfunktionen nicht ausüben und stattdessen ein anderer (meist ein Mehrheitsgesellschafter) die Gesellschaft tatsächlich leitet. Zumeist wird auch ein nach außen erkennbares Gerieren wie ein Geschäftsführer als erforderlich erachtet.

Grundsätzlich bejahte der OGH in der gegenständlichen Entscheidung, dass der „faktische Geschäftsführer“ auf den formellen Geschäftsführer („De-iure-Geschäftsführer“) aktiv einzuwirken hat, damit dieser seiner Pflicht nach § 69 IO zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens nachkommt. Für den Fall der Konkursverschleppungshaftung ist allerdings aus dem Zweck des § 69 Abs 3 IO eine Orientierung an der formellen Organfunktion zu fordern und zu verlangen, dass es sich beim „faktischen Geschäftsführer“ um eine Person handelt, die dauerhaft und ausgeprägt den Platz eines zum Insolvenzantrag legitimierten Organs einnimmt.

Im vorliegenden Fall führte das Auftreten der (Zweit-)Beklagten (als beklagte „faktische Geschäftsführerin“) nicht dazu, dass der (Erst-)Beklagte (als formeller Geschäftsführer) so sehr in den Hintergrund rückte, dass sein Agendenkreis in der GmbH vernachlässigbar gewesen wäre. Der OGH betonte, dass beim formellen Geschäftsführer wesentliche Bereiche, nämlich gerade die für die Verantwortlichkeit nach § 69 IO entscheidenden Finanzangelegenheiten der GmbH verblieben. Dass er bestimmte Tätigkeiten an die (Zweit-)Beklagte abgab, stellte bloß eine Aufgabendelegierung an eine Angestellte der GmbH dar. Weil es nicht unüblich sei, dass Angestellte mit Aufgaben betraut werden, bei denen sie den Rechtsträger nach außen zu vertreten haben, könne selbst dann noch keine faktische Geschäftsführung angenommen werden, wenn feststünde, dass die (Zweit-)Beklagte in ihren Bereichen - insbesondere dem Einkauf - selbständig Entscheidungen traf.

Christian Pindeus

Christian Pindeus

Rechtsanwalt, Partner
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